“Jeder sollte sich mit LegalTech beschäftigen, ehe er von der Entwicklung abgehängt wird”

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Women in LegalTech at Legartis: Marie Schindler

In unserer Blogreihe „Women in LegalTech“ kommen die Mitarbeiterinnen im Team von Legartis zu Wort. Marie berichtet in diesem Beitrag, was ihre Arbeit im Legal Engineering ausmacht, wie sie die Zukunftsfähigkeit der Rechtsbranche einschätzt und warum die Arbeit für ein LegalTech-Unternehmen jungen Frauen spannende Karriereperspektiven eröffnet.

Du bist Legal Engineer bei Legartis. Eine Berufsbezeichnung, der man nicht allzu häufig begegnet. Worum geht es beim Legal Engineering?

Gemeinsam mit meinem Team arbeite ich daran, dass die künstliche Intelligenz von Legartis Vertragstexte juristisch bewertet. Es ist eine Arbeit an der Schnittstelle zu Software-Entwicklung und Machine Learning.

Unsere Kernarbeit besteht darin, dass wir Verträge digital annotieren und klassifizieren, um herauszukristallisieren, welchen juristischen Gehalt jeder Satz hat: Handelt es sich um einen Gewährleistungsanspruch? Wird eine Vertragsstrafe definiert? Das ist zeitintensiv und führt nicht selten zu intensiven juristischen Diskussionen. Aber das ist auch richtig, denn wir erstellen die Vorlagen, mit denen die künstliche Intelligenz (KI) trainiert wird. Von diesen hängt letztlich die Qualität der Ergebnisse ab, die die KI liefert.

Regelmässig werte ich auch Metriken aus, um zu prüfen, wie gut die künstliche Intelligenz  Vertragstexte versteht. Dann korrigieren wir Fehler, passen unsere Klassifizierungen an und versuchen, die Erkennungsrate der KI zu verbessern. Und natürlich ist ein wichtiger Teil der Arbeit, den Funktionsumfang der Anwendung zu erweitern und mit meinem Team neue juristische Themen für das Training der künstlichen Intelligenz aufzubereiten.

Was reizt dich an diesem eher technologisch-analytisch getriebenen Legal Bereich?

Ich finde es spannend, die Entwicklung von LegalTech mitzugestalten. Künstliche Intelligenz wird vor der Rechtsbranche nicht Halt machen, sie wird die Arbeit von Jurist:innen in den nächsten Jahren grundlegend verändern. Hier Einfluss zu nehmen, das hat mich gereizt.

Vor Legartis hatte ich übrigens keine Berührungspunkte mit Softwareentwicklung. Ich kann auch nicht programmieren, aber das muss ich auch nicht. Mich interessiert, wie die Digitalisierung unsere Arbeitswelt verändert und ich habe mir schnell ein Überblickswissen angeeignet. Falls ich doch einmal technische Details verstehen will, lasse ich sie mir von unseren Software-Entwicklern und Machine-Learning-Spezialisten erklären.

Wie war dein beruflicher Weg bis hierher?

Ich habe in Österreich Jura studiert und danach mehrere Jahre im Zivilrecht in einer Anwaltskanzlei gearbeitet. Dass ich einmal für ein Tech-Startup arbeiten würde, hätte ich im Studium nie gedacht.

Nach ein paar Jahren in der Kanzlei habe ich aber gemerkt, dass das nicht das ideale Umfeld für mich ist. Als Anwältin musst du auch Mandant:innen betreuen, deren  Ziele du selbst nicht uneingeschränkt gutheisst. Bei Legartis weiss ich, dass ich hinter dem Produkt stehen kann, an dem ich arbeite und – ich kann das Produkt sogar jeden Tag weiterentwickeln.

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Welche Chancen siehst du für künftige Jurist:innen, die sich mit neuen Technologien auseinandersetzen? Gibt es neue Berufsfelder, die sich dabei auftun?

Der Bereich LegalTech ist noch eine Nische. In den nächsten Jahren werden viele neue Jobs in dem Umfeld entstehen. Das kann man jetzt noch gar nicht absehen. Aber nehmen wir das Beispiel Automatisierung: Im Rechtsbereich lässt sich Automatisierung nicht nur auf Verträge anwenden, sondern ist an vielen Stellen denkbar, z. B. im Fristenmanagement oder in der Rechercheunterstützung – und immer, wenn eine digitale Lösung entwickelt wird, braucht es Mitarbeiter:innen mit juristischem Fachwissen, um die Software zu trainieren, die Usability mitzugestalten und die Qualität der Ergebnisse zu überwachen.

Was denkst du – wie gross sind noch die Ängste vor künstlicher Intelligenz in Rechtsabteilungen und Kanzleien?

Die Arbeit von Jurist:innen wird sich durch künstliche Intelligenz in jedem Bereich verändern. In Unternehmen ist man bereits dabei zu erkennen, dass hier grosse Vorteile liegen und immer mehr interessieren sich für LegalTech-Lösungen.

Anders sieht es in den Kanzleien aus: Viele hinken bei der Digitalisierung noch etwas hinterher und arbeiten oft sogar noch mit papierbasierten Prozessen. Von künstlicher Intelligenz ist da kaum die Rede.

Dabei gibt es keinen Grund, als Juristin oder Jurist Angst vor künstlicher Intelligenz zu haben. Sie wird keine Jurist:innen ersetzen, sondern die Arbeit vereinfachen. Sie unterstützt, hilft Fehler zu vermeiden, Arbeitsvorgänge zu strukturieren und juristisches Wissen über die Rechtsabteilung hinaus zugänglich zu machen. Deswegen sollte sich aus meiner Sicht jeder im Rechtsbereich mit LegalTech beschäftigen, wenn er nicht von der Entwicklung abgehängt werden will.

Wie schaut für dich eine Rechtsabteilung der Zukunft aus?

Die Arbeit wird papierlos, digital, aber nicht vollständig automatisiert sein. Wir werden weiter menschliche Rechtsexpert:innen brauchen für anspruchsvolle Rechtsbeurteilungen. Und es werden mehr Jurist:innen in Technologie-Unternehmen arbeiten.

Welche Tipps kannst du Student:innen mit auf den Weg geben, die für sich eine Karriere im LegalTech-Bereich in Erwägung ziehen?

Probiert es aus. Seid neugierig, seid aufgeschlossen und lasst euch nicht von Fachbegriffen einschüchtern. Wenn Software-Entwickler mit ihren IT-Begriffen jonglieren, fragt so lange nach, bis ihr es verstanden habt. Wie künstliche Intelligenz etc. funktionieren, das kann man alles lernen.

Ich hatte bei Legartis nie das Gefühl, dass ich mich als Frau im Tech-Bereich besonders beweisen muss oder mir nicht zugetraut wird, IT-Zusammenhänge zu verstehen. Alle Kolleg:innen waren sehr unterstützend am Anfang. LegalTech ist ein unheimlich spannendes Feld, in dem man viel bewegen kann.


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